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Dachausbau Bauernhaus, Köniz

Projekt: 2022-2025
Ausführung: 2024-2025
Bezug: Frühjahr 2025
Denkmalschutz: Schützenswert, K-Objekt
Kosten BKP 2:

1400.- chf/m3 (sia 416)

Architektur / Bauleitung:

Simon Gysel

Bauherrschaft:

Privat

Bilder Fabian Brügger, Simon Gysel

 

 

 

Ausgangslage

Unter dem mächtigen Dach des Bauernhauses aus dem Jahr 1777 mit einem original erhaltenen Dachstuhl befindet sich eine großzügige Heubühne, die zu einer Wohnung ausgebaut wurde. Bereits bei der ersten Besichtigung war klar, dass es die ungemein wertvollen Qualitäten des Dachraumes zu erhalten gilt. Das stattliche Großbauernhaus mit reichem Bauschmuck aus dem ausgehenden 18. Jh. fällt durch diverse aufwändige Details wie eine hohe, schlanke Ründisäule mit Wulst in der Mitte, umlaufende Frakturinschrift auf Bundbalken, schöne Fensterbank- und Pfostenfriese sowie vegetabil bemalte Laubenträger auf. Ausgezeichnete Verzierung der Tenntore mit Inschriftbändern, Mühleradmotiv, Wappen und Tierdarstellungen bilden den Abschluss und tragen unter anderem die Inschrift: "Durch Weißheit wirt ein Hauß gebauwet und durch Verstand erhalten."

Projekt

Dieses Erhalten war dann auch der zentrale Gedanke bei der Planung des Objektes, welche in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege erfolgte. Nachdem der Heuboden geräumt war, eröffnete sich einem ein durchgehender Blick zwischen den beiden Gimwänden an der jeweiligen Giebelfassade in Ost und West. Um diesen Blick, mit dem man den gesamten Dachraum erfassen kann, zu erhalten, wurden drei Sichtachsen angelegt und mittels Fenstern, Türen und Festverglasungen in eine Blickenfilade gefasst. So werden die neuen Räume Teil des übergeordneten Systems des Dachraumes und reihen sich wie Gemüse auf einem Bratspieß entlang der Blickachsen auf. Um den originalen Dachstuhl mit intakten Streben, Pfetten und Sparren zu inszenieren, berühren die neu gebauten Volumen die Dachhaut an keiner Stelle. Es entsteht ein Dorf im Dach mit verschiedenen Volumen, die unterschiedliche Funktionen beinhalten. Das halbrunde Wohnzimmer erweitert den Ründibogen in den Dachraum, daran schließt sich der rechteckige Körper mit Küche, Kamin und Bibliothek an, auf dem sich eine Terrasse im Dach befindet. Davor folgt ein dreieckiges Volumen, das den Estrich, ein Zimmer, das Entree und das Bad beinhaltet und den östlichen Teil der Wohnung zur Tenne hin abschließt. Die Tenne ist offen gehalten, um den ursprünglichen Charakter als Verkehrsfläche zu unterstreichen. Hier verbindet eine neue Metalltreppe den Wohn- mit dem Ökonomieteil des Bauernhauses. Letzterer besteht mittlerweile aus Büros und Werkstatt und nicht mehr aus Stallungen und Lagerflächen. Im westlichen Dachbereich befinden sich die jeweils voneinander losgelösten Volumen von Reduit, Gast- und Musikzimmer.

Wie Scheinwerfer bei einem Konzert leuchtet die Sonne morgens und abends durch die Ornamente und Zwischenräume der Gimwandbretter und taucht den Dachraum in ein faszinierendes Lichtspiel. Dieser Effekt wurde durch die sich auffächernden Gimwandbretter gegen Osten noch verstärkt, um genügend Licht in die Wohnung zu bringen. Die mit Biberschwanzziegeln in Doppeldeckung gefasste Dachhaut wurde in Absprache mit der Denkmalpflege nur mit Glasziegeln ergänzt. Tagsüber verwandeln diese das Dach in eine Art Sternenhimmel und führen punktuell Licht ins Innere, während sie nachts glimmen und die Beleuchtung nach außen schimmert.

Ausführung

Die Herausforderung bei der Umsetzung des Projektes waren zum einen die erschwerten logistischen Bedingungen und zum anderen der Fakt, dass sich das Haus am Hang in den 250 Jahren seiner Existenz erheblich abgesenkt hat. Durch das bestehende Dach mussten die Holzelemente kleinteilig mit dem bestehenden Kran in den Dachraum gehoben werden und vor Ort versetzt werden. Die Niveaudifferenz im Dachraum überschritt deutlich einen halben Meter und wurde mit einer Brettschichtholzdecke, die seitlich auf der bestehenden Fassade und mittig auf einem Stahlträger aufliegt, ausgeglichen. So konnte das Gewicht der neuen Volumen gezielt abgeleitet werden. Der diffusionsoffene Holzbau wurde bewusst dunkel gehalten, um sich gegenüber der Holzkonstruktion des Dachstuhls zurückzunehmen und kann in Zukunft ohne Schaden am ursprünglichen Gebäude zurückgebaut werden, wenn es dann wieder heißt: "Durch Weißheit wirt ein Hauß gebauwet und durch Verstand erhalten."