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Gaulihütte SAC, Urbachtal

Baujahr: 1895 / 1978

Denkmalpflege:

erhaltenswert
Planung: 2018 / 19
Ausführung: 2022
Auftrag Studienauftrag im Einladungsverfahren
Bauherrschaft: SAC Sektion Bern
Architektur / Bauleitung:

Joris Rothenbühler
Lorenz Frauchiger
Gerry Sterchi

Bauingenieur WAM Planer und Ingenieure AG, Bern
Holzbauingenieur und Brandschutz Indermühle Bauingenieure, Thun
Geologe: Geotest AG, Bern
Energie und HLKSE: Esotec GmbH, Innertkirchen
Abwassersysteme: Vuna GmbH, Dübendorf
Fotografie: Roland Juker Fotografie GmbH, Bern

 

Ausgangslage

Die Sektion Bern des Schweizer Alpen-Clubs betreibt verschiedene Berghütten. Eine davon ist die Gaulihütte im Urbachtal im Berner Oberland. Die Hütte liegt auf der Südflanke des Tälligrats, auf einer kleinen Hangterrasse über dem Mattenalpsee auf einer Höhe von 2'205 m ü. M., eingebettet in einer imposanten Gebirgslandschaft.

Die erste Hütte an diesem Standort wurde auf Initiative von Carl Ludwig Lory im Jahre 1895 in Blockbauweise erstellt und ist bis heute erhalten. Im Jahre 1939 erfolgte ein Umbau des Innenraums durch den Architekten Eduard Merz. Aufgrund der knappen Platzverhältnisse wurde im Jahre 1978 die Erweiterung der bestehenden Hütte in Angriff genommen. Es wurde ein Neubau erstellt, welcher formal dem Altbau angenähert und mit diesem durch einen Verbindungstrakt verbunden ist.

Für die geplante Gesamtsanierung der Hütte wurde im Jahre 2018 ein Studienauftrag durchgeführt mit dem Ziel, die Gaulihütte den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Insbesondere sollte die Erschliessungssituation verbessert und in Übereinstimmung mit den Brandschutznormen umgestaltet werden. Der Sanitärbereich sollte ins Gebäude integriert, sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen für das Hüttenwartsteam verbessert werden. Die Anzahl Schlafplätze sollte unverändert bei 65 Plätzen bleiben, aber in kleinere Schlafräume unterteilt werden.

 

Projekt

Mit der Umsetzung der Sanierung im Jahr 2022 wurde die Gaulihütte sanft saniert, erweitert und den heutigen Bedürfnissen angepasst. Im Sinne einer nachhaltigen Lösung konnte ein grosser Teil der bestehenden Konstruktion erhalten werden.

Vor dem Umbau bestand die Gaulihütte aus Haupthaus, Altbau und Zwischenbau. Im Zuge der Sanierung wurde diese Baugruppe zu einem neuen Ensemble, bestehend aus zwei Gebäuden verdichtet. Das kleinere, ehemals «Lory-Hütte» genannt, ist denkmalgeschützt, das grössere steht respektvoll daneben und wurde in zeitgemässer Architektursprache saniert und vergrössert.

Der Grundidee einer einheitlichen, neuen Hütte folgt auch der Ausdruck mittels einer homogenen Schindelfassade. Die bestehenden Gebäudeteile wurden innen sanft renoviert und mit neuen Fenstern versehen. 

Die Gäste betreten das Gebäude über den neuen Eingangsbereich im Untergeschoss. Das angrenzende, grosszügige Treppenhaus dient als Herzstück der Hütte und führt zum dreiseitig orientierten und lichtdurchfluteten Aufenthalts- und Speiseraum. Der Bereich des Essraumes, welcher im Neubaubereich liegt, ist mit grosszügigen Panoramafenster, versehen und neu wurde eine direkte Verbindung zur Terrasse geschaffen. Die Küche wurde modernisiert und vergrössert und um ein Tageslager ergänzt. Dahinter liegt gegen Nordwesten der neue Sanitärtrakt.

Im Obergeschoss sind die Zimmer sowie die privaten Nasszellen des Hüttenwartsteams angeordnet. Die Gästeschlafräume wurden in kleinere Einheiten umstrukturiert. Die Schlafräume im Dachgeschoss sind bequem über die neue Haupttreppe erreichbar.

Das Sockelgeschoss des neuen Gebäudeteiles wurde in Massivbauweise, die oberen Stockwerke in einer, schlanken Holzelement-Konstruktion ausgeführt. Das Schrägdach mit einer Neigung von 45° ist auf der Südostseite mit Photovoltaikmodulen versehen. Der bestehende Teil des Hauptgebäudes wurde Brandschutzmässig ertüchtigt und fest mit dem Neubauteil verbunden, um die Erdbebensicherheit zu verbessern.

Strom wird mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach und einer Wasserturbine erzeugt und in Batterien gespeichert. Die Erwärmung des Speichers für Warmwasser sowie für den Heizkreislauf erfolgt ebenfalls durch die Photovoltaikanlage. Die Trinkwasserversorgung erfolgt mittels einer Druckleitung aus dem Chammlibach. Für die Abwasseraufbereitung kommt neu eine Grauabwasserbehandlung mit Substratfilter und 2-Kammersystem zur Anwendung.

 

Die alte, denkmalgeschützte «Lory-Hütte»

Die alte Hütte (ehemals «Lory-Hütte» genannt) aus dem Jahre 1895 mit Umbauten von 1939 ist grösstenteils original erhalten und steht unter Denkmalschutz. Es handelt sich um die einzige im Blockbau ausgeführte, am ursprünglichen Standort erhaltene Schutzhütte im Kanton Bern.

Im Zuge der Gesamtsanierung wurden nur kleine Anpassungen gemacht. Das Hüttenwartszimmer im Erdgeschoss wurde zu einem Schlafraum für die Gäste umfunktioniert und die Küche instand gestellt. Aussen wurde der alte Eingang auf der Südostseite reaktiviert und die Verbindung zum Hauptbau erfolgt mittels eines Erschliessungskorridors, der in der Fassade als zurückversetze Fuge in Erscheinung tritt.

 

Ausführung

Die Baustelle am abgelegenen Standort, weitab von den Strassen und den Versorgungsnetzen von Wasser und Energie, verlangte die Ausarbeitung eines sorgfältigen Baukonzeptes. Die Bauperiode ist auf wenige Monate im Jahr beschränkt und die Logistik musste auf die besonderen Gegebenheiten angepasst werden. Während der Bauzeit konnte den Bauleuten mit der alten «Lory-Hütte» eine einfache, aber zweckmässige Unterkunft zur Verfügung gestellt werden.

Zum Schutz gegen Lawinen wurde oberhalb der Hütte eine Lawinenverbauung erstellt. Das Ablenkelement in Keilform hat eine Seitenlänge von 18 Meter, und Stützenhöhen zwischen 6 und 8 Meter. Als Ablenkfläche wurden Rundhölzer aus Kastanienholz in das Stützenprofil eingelegt. Die Sicherung der Stützenfundamente erfolgt mittels Felsanker.